Abinson Crusoe - 13 Jahre warten auf Freitag
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Abinson Crusoe - 13 Jahre warten auf Freitag

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Tanja
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BeitragThema: Kaufen statt Lesen   Kaufen statt Lesen Icon_minitimeDo 2 Apr 2009 - 15:15

Gunther Nickel - Krise der Literaturkritik

Zusammenfassung:

- Auslöser (warum Nickel diesen Text verfasst): Kritik an gegenwärtiger Literaturkritik durch Daniel Kehlmann 2002
--> Kehlmanns Kritik: Literaturkritik fällt vor den Stand, der bereits zu Lessings Zeiten erreicht war zurück, nur noch beliebiges Gerede ohne Bedeutung, Literaturkritik jetzt anspruchslos, traditionslos, zu wechselhaft und allein dem kurzlebigen Zeitgeist unterworfen

- Gunther Nickel schwächt Kehlmanns "Invektive" ab, muss aber leider trotzdem zustimmen

- Nickel nennt im folgenden Ursachen für diese Entwicklung der Literaturkritik und geht auch auf historische Grundlagen ein

- Historischer Wandel der Literaturkritischen Prämissen:
1950er --> "gesellschaftliche Relevanz" wichtiges Kriterium
1960er/1970er --> (politisch) "engagierte Literatur" gefragt
1980er --> Avantgarde, Ablehnung des Realistischen
1990er --> realistisches Erzählen bevorzugt

- Grund für den Wandel ist der wechselnde Zeitgeschmack

- Die Situation der Literaturkritik zu Lessings Zeiten ist nicht übertragbar auf heutige Verhältnisse, da...
... stärkere Medienkonkurrenz, sinkendes Anspruchsniveau und sinkende Lesekompetenz

- Historische Entwicklung der Literaturkritik:
--> 18.-19. Jahrhundert: Literatur zunächst nur dem Bürgertum und zugänglich sowie dem aufgeklärten Adel (auch als Distinktionsmittel genutzt), später dann auch Proletariat ("lesender Arbeiter"
--> Entwicklung der Zeitungskultur bewirkte Professionalisierung des Kritikerberufs
--> Breitere Öffentlichkeit für Literaturkritik, neue Studiengänge entwickeln sich
--> großes bildungshungriges Publikum
--> HEUTE: Medienkonkurrenz verändert literarische Produktion und Rezeption, Buch nicht mehr zentrales Medium, keine erzieherische Funktion mehr, Bildung nicht mehr Voraussetzung für gesellschaftliche Elite
--> zahlreiche andere Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung verdrängen Literatur, nur 19% der Deutschen lesen

- Anforderungen an heutige Literatur:
Entweder hoher Unterhaltungswert oder lebensweltiche/politische Orientierung

- Heutige Literaturkritik:
Keine akademischen Erörterungen, klare Empfehlungen ohne Abwägen (Buchtips), Massenkompabilität (große Übereinstimmung mit dem Publikumsgeschmack) --> besonders Sendungen wie "Das literarische Quartett" oder "Lesen!" erfolgreicher als Feuilletons

- Traditionelle Literaturkritik:
nicht demokratisch, folgt keinen Mehrheitsentscheidungen sondern bedient sich genauer Kenntnis des Gegenstandes und den literarischen und historischen Voraussetzungen

Literaturkritik im Fernsehen:
- Die Beseitigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols leitete eine Entwicklung ein, in der die Literaturkritik entweder ganz veschwinden wird oder sich total an den Massengeschmack anpasst
- Da die Zeit für Buchbesprechungen gekürzt wurde, ist kein differenziertes Urteil mehr möglich
- Abschaffung der Kulturredaktionen verringert die Meinungsvielfalt
- Deutliche Tendenz die Literaturkritik durch den Buchtip zu ersetzen erkennbar
- Sendung "Lesen!" mit Elke Heidenreich (nur positive Rezensionen, also Buchtips) erreicht enorme Verkaufszahlen im Gegensatz zu Kritiken in der Tageszeitung
- Kritik an TV-Sendungen wie "Lesen!", diese Sendungen sind eher Dauerwerbesendungen anstatt Literaturkritik, lediglich Buchtips ("Lesen!" sollte eher "Kaufen!" heißen --> Bezug zum Titel des Buchs)

Zukunftsvisionen:
- Raum für komplexe Auseinandersetzungen mit Literatur wird immer kleiner, differenzierte Literaturkritik wird mehr und mehr verschwinden
- keine Beachtung der traditionellen Literaturkritik von Seiten der Leser
- Bereich Kultur ist inzwischen auch viel zu sehr von der Wirtschaft gesteuert, richtet sich also nach ökonomischer Effizienz --> sehr bedenklich

--> PROGNOSE: Die traditionelle Literaturkritik verliert weiter an Bedeutung, damit nimmt auch der Grad ihrer Professionalisierung ab. Literaturkritik droht tatsächlich zu dem zu werden, was sie vor Lessing war: kein beliebiges Gerede, aber zur Expertensache, einem Diskurs an der "gesellschaftlichen Peripherie" (nur noch Elite)
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